Northvolt
Rückschlag für europäische E-Auto-Industrie: Northvolt beantragt Gläubigerschutz
Der schwedische Batteriehersteller Northvolt, einst als Hoffnungsträger für die Unabhängigkeit der europäischen Autoindustrie von chinesischen Batterien gefeiert, steht vor großen Herausforderungen. Das Unternehmen hat Gläubigerschutz nach US-Insolvenzrecht (Chapter 11) beantragt und sucht dringend nach neuen Investoren. Ziel ist es, mit langfristigen Finanzpartnern den Betrieb fortzuführen und die Kapitalstruktur zu stabilisieren.
Trotz der angespannten finanziellen Lage erhält Northvolt durch das Verfahren vorübergehenden Schutz vor Gläubigern und Zugriff auf 245 Millionen US-Dollar, um den Betrieb in den nächsten Wochen sicherzustellen. Der Schuldenstand des Unternehmens beläuft sich jedoch auf 5,8 Milliarden US-Dollar, während die liquiden Mittel laut Medienberichten zuletzt nur noch 30 Millionen US-Dollar betrugen – ausreichend für gerade einmal eine Woche.
Wechsel an der Spitze
Northvolt-CEO Peter Carlsson, ein früherer Tesla-Manager und Mitbegründer des Unternehmens, hat seinen Rücktritt erklärt. Er bleibt jedoch im Aufsichtsrat und soll das Unternehmen weiterhin als Berater unterstützen. Die Suche nach einem Nachfolger läuft bereits.
Die deutsche Tochtergesellschaft von Northvolt ist laut Unternehmensangaben nicht Teil des Chapter-11-Verfahrens. Der Bau der Batteriefabrik in Heide, Schleswig-Holstein, soll wie geplant fortgesetzt werden. Die Anlage soll künftig eine Million Batteriezellen pro Jahr produzieren und 3.000 Arbeitsplätze schaffen. Der Bau wird mit 700 Millionen Euro von Bund und Land gefördert, weitere Garantien in Höhe von 202 Millionen Euro stehen zur Bewilligung an.
Finanzielle Unterstützung und Rückzug von Großaufträgen
Inmitten der Krise hat der schwedische Lkw-Hersteller Scania Northvolt ein Darlehen von 100 Millionen US-Dollar gewährt, um die Batteriezellenproduktion im Werk Skellefteå zu unterstützen. Scania gehört zu den Kunden von Northvolt und bezieht bereits Batterien vom Unternehmen. Volkswagen, größter Anteilseigner von Northvolt, erklärte, in engem Kontakt mit dem Batteriehersteller zu stehen. Weitere Investoren wie BMW und Goldman Sachs lehnten eine Stellungnahme ab.
Dennoch musste Northvolt zuletzt herbe Rückschläge hinnehmen. So zog BMW im Juni einen Auftrag über zwei Milliarden Euro zurück. Aufgrund mangelnder Nachfrage, Produktionsproblemen und wegbrechender Aufträge sah sich Northvolt gezwungen, seine Expansionspläne deutlich zu reduzieren, Tochtergesellschaften zu verkaufen und Tausende Stellen zu streichen.
Rückschlag für europäische Batterieindustrie
Der Gläubigerschutzantrag ist ein schwerer Rückschlag für die europäischen Bestrebungen, eine unabhängige Batterieproduktion aufzubauen. Die Abhängigkeit von chinesischen Herstellern wie CATL und BYD bleibt groß – aktuell stammen laut Internationaler Energieagentur 85 Prozent der globalen Batteriezellenproduktion aus China.
Northvolt hatte als Vorreiter für europäische Startups bei Milliardeninvestitionen in die Batteriefertigung gegolten. Doch die Nachfrage wuchs nicht so schnell wie erwartet. Trotz aller Schwierigkeiten zeigt sich Northvolt zuversichtlich, die Restrukturierung bis Anfang 2025 abzuschließen. Der Betrieb soll bis dahin uneingeschränkt weiterlaufen.
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